Die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen
Die Parteien sind Mitglieder einer aus 201 Einheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 14.08.2013 beschlossen die Wohnungseigentümer die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung. Um die mit ca. 2.000.000 € veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschlossen sie zudem die Aufnahme eines KfW-
Das Amtsgericht hat die gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen. Das Landgericht hat den Beschluss hingegen für ungültig erklärt. Die dagegen gerichtete Revision einer Wohnungseigentümerin hatte keinen Erfolg.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Ob dies der Fall ist, kann allerdings nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden. Im konkreten Fall hat der Senat die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über die Kreditaufnahme verneint.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Anhaltspunkte, dass den Wohnungseigentümern die Möglichkeit einer Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu Gebote stehen soll. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Gibt es Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Wohnungseigentümer oder durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden. Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Wohnungseigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist; auch kann jedenfalls die Durchführung von Maßnahmen, die Aufschub dulden, davon abhängig gemacht werden, dass die beschlossene Sonderumlage von allen Wohnungseigentümern gezahlt wird. Bei einem Darlehen lässt sich das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer dagegen nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich; darüber hinaus muss stets damit gerechnet werden, dass es zu Eigentümerwechseln in dieser Zeit kommt, sich also die Zusammensetzung der Gemeinschaft verändert. Angesichts dieses Haftungsrisikos ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lässt sich nur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer feststellen.
Dabei sind insbesondere folgende Gesichtspunkte von Bedeutung: Es kommt wesentlich auf den Zweck des Darlehens an, wobei in erster Linie an Instandhaltungs-
Auch die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss gewissen Anforderungen genügen. Der Beschluss muss Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist. Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.
In diesem Punkt entspricht der angegriffene Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Dem Protokoll der Eigentümerversammlung lässt sich nicht entnehmen, dass über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden ist.
Vorinstanzen: AG Pforzheim – 12 C 82/13 – Urteil vom 23.12.2013 ; LG Karlsruhe – 11 S 8/14 – Urteil vom 07.10.2014
BGH Urteil vom 25.09..2015 – V ZR 244/14
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 25. 09.2015